Sonntag hatte meine Frau Geburtstag. Und zur Feier des Tages habe ich die gesamte Mannschaft zum Stierkampf eingeladen. Allerdings zu einem Kindertag der örtlichen Stierkampfschulen. Also ohne Blut. Hieß es. Wurde mir jedenfalls so aus glaubhafter Quelle versichert. Und so fanden wir uns pünktlich um 12 in der Arena von Antequera ein. Da wars genauso, wie man es sich vorstellt. Gelber Sand im weißen Rund, blechern klingende Dorfmusikkapelle und drumherum viele bunte Spanier. Die – sehr jungen – Toreros marschierten ein, man verbeugte sich vorm Bürgermeister in der Loge… so weit so gut.
Dann kam der erste Stier, schwarz, aggressiv, der sich begeistert auf das Jungvolk in der Arena stürzte, die eilends hinter ihre Stellwände flüchteten. So weit, immer noch so gut. Aber richtig wohl war mir nicht. Ich mein, ich sitze da mit Kai und Finn und Lion und den Frauen in der ersten Reihe… wollen wir live erleben, wenn der Stier einen der Jünglinge überrennt und in den Arenasand stampft?
Dann kamen die Picadores. Das sind die Jungs, die den Stieren die Dinger in den Nacken heften. Auf den Eintrittskarten stand zwar explizit "sine Picadores", "ohne Picadores", aber offensichtlich hatte keiner der Picadores die Karten gelesen. Und nun standen sie da. Und piekten. Und die Piken hielten nicht durch Fellmagneten. Jetzt war mir schlecht.
Als dann der Torero (ich schätze ihn auf 15, aber die Südländer sehen ja alle älter aus) zum Degen griff, bin ich mit den Jungs geflüchtet. Beim Zurückblicken sah ich nur noch, wie er dem Stier das Ding einen halben Meter in den Hals rammte und wieder rauszog. Schön ist was anderes. Der Stier fiel noch nicht, war wohl schlecht gezielt, aber der Nachwuchs muss halt auch üben.
Drei von uns blieben, der Rest ging Kaffee trinken. Jedenfalls die, denen nicht schlecht war. Nach dem vierten oder fünften Stier habe ich die drei Verbliebenen dann rausgeholt. Und konnte mir abends dank fleißiger Kameraarbeit anschauen, was ich verpasst habe. Das ist schon heftig, besonders wenn man bedenkt, das die Spanier da mit der ganzen Familie Sonntagsparty machen, vom Säugling bis zur Omi. Ich brauch das nicht.
Alle nichtspanischen Blogfreunde mit schwachem Magen jetzt bitte schnell wegschauen und nicht weiterlesen.
Adios, milchsaeure.
PS: Für alle, die es genau wissen wollen: Bilder anklicken, sind hochauflösend.
6 Kommentare:
Der Stierkampf ist schon lange nicht mehr das, was er mal war.
Das ist traurige Wahrheit.
Doch war der Stierkampf auch mal etwas anderes. Ein männliches Ritual eben; getragen von einer tieferen Klasse und mit wesentlich mehr Risiko als heute. Eine gesunde Art überschüssiges Testosteron massenwirksam zu kanalisieren. Those were the days.
Bei uns geschieht die gleiche Kompensation heute auf den Bundesautobahnen. Mit wesentlich mehr Toten.
Those were the days.
Zum Einstieg in die alten Tage (nicht die von Hemigway verklärten) empfohlen:
El Cordobes. Seine Memoiren.
Manchmal braucht es etwas, bis man die naive Ader in sich entdeckt...
...gab es denn anschliessend ein leckeres Stiersteak?
viel Spass in San Pedro und gruesse an T & W.
Gruss aus Singapore
Haggy.
Kaese-Hase, schöner Bericht. Und das, wo Du doch so gerne Fleisch futterst!
Aber Du mußt zugeben, dass die Jünglinge hübsch aussehen, oder? Und so hübsche Klamotten haben sie an........
Aber letzten Endes, mit Essen soll man nicht spielen, oder ?
Anonym-Hase, wenn das Dein Sohn wäre, Dir würde das Herz im Leib zerspringen. Aber nicht vor Stolz, sondern aus Sorge. Der letzte Stier hatte seinen Buben nämlich schon am Boden. Der Junge hatte nichts als Glück, dass er auf eigenen Beinen und aus eigener Kraft davonkam. Die Vorstellung, sein Kind in der Arena zu sehen, ist nur schwer zu akzeptieren, glaub' mir.
Gott sei Dank ist unsereins ja eher nordeuropäisch sozialisiert, insofern graut mir vor ganz anderen Dingen, die unserer Brut widerfahren könnten, als sich nun ausgerechnet einer wildgewordenen Meute in einer südspanischen Arena stellen zu müssen!
Laß Dir den urlaub nicht verderben........
Kommentar veröffentlichen